Spätestens mit der Jahrtausendwende begann sich im internationalen Weinbau eine für die nächsten Jahrzehnte weit reichende Entwicklung zu manifestieren. Der Bioweinbau trat immer stärker aus seiner Nische heraus. Doch was ist Biowein eigentlich und schmeckt er tatsächlich besser als herkömmlicher?
Besonders bemerkenswert daran ist, dass die Gründe für die verstärkte Hinwendung zum Bioweinbau einerseits in einem immer deutlicher werdenden Bewusstsein für Ressourcenschutz und dem Willen zur Erzeugung bekömmlicher, von Schadstoffrückständen freier Lebensmittel liegen, andererseits aber auch die ökologische Bewirtschaftung der Rebflächen von immer mehr Winzern als ein „Werkzeug“ zu einer „anderen“, authentischeren Art von Weinqualität verstanden wird. Die Zeiten, da man mit Biowein leider oft eher zweifelhafte Qualitäten aus den Kellern von „Latzhosen tragenden Idealisten“ verband, sind nun größtenteils vorbei. Auch wenn es von den Erzeugern oft nicht in der Vordergrund gerückt wird, so kann man doch bei genauem Hinsehen feststellen, dass sogar einige der weltbesten Weingüter wie die Domaine Romanée-Conti in Burgund, das Haus Chapoutier an der Rhône oder der Pfälzer Riesling-Star Dr. Bürklin-Wolf ihre herausragenden Qualitäten heute zu einem großen Teil auch mit ihrer ökologischen Bewirtschaftung der Weinberge begründen.
Intaktes Ökosystem ist das A und O für Biowein
Nach der High-Tech-Phase in den 70er und 80er Jahren fanden immer mehr dieser Winzer wieder zum eigentlichen Ausgangspunkt für große Weine, nämlich einem intakten Ökosystem im Rebgarten, zurück und manchmal sieht man heute sogar schon wieder den Einsatz von Pferden als Alternative zum den Boden verdichtenden Traktor bei der Weinbergsarbeit. Die Gesamtfläche aller Bio-Weinberge in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht. Rund 8.000 Hektar Weinberge, das entspricht einem Anteil von circa acht Prozent der Gesamtrebfläche, werden hierzulande mittlerweile ökologisch bewirtschaftet.
Verwendung des Begriffs Biowein ist EU-weit gesetzlich geregelt
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die ökologische bzw. biologische Weinerzeugung völlig auf synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel verzichtet. Stattdessen werden unter anderem Nützlinge wie Schlupfwespen oder Raubmilben gefördert und es kommen natürliche Präparate wie Gesteinsmehle oder Pflanzenauszüge zum Einsatz. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Verwendung von Fenchelölemulsion zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten wie dem Echten Mehltau. Statt Mineraldünger werden darüber hinaus die Böden bei Bedarf auf traditionelle Weise mit Kompost oder Mist versorgt. Auch bei der Weinbereitung und dem Ausbau gelten hinsichtlich möglicher Hilfs- und Zusatzstoffe sowie beim maximal zugelassenen Schwefelgehalt strengere Vorschriften als beim konventionell erzeugten Wein. Die Verwendung des Begriffs Biowein bzw. Ökowein ist EU-weit gesetzlich geregelt und nur solche Tropfen, die der EU Verordnung Nr. 203/2012 entsprechen und das EU-Bio-Logo auf dem Etikett tragen, dürfen so bezeichnet werden. Weingüter, die Biowein herstellen wollen, müssen hierfür eine vorgeschriebene Umstellungsphase durchlaufen und sich von dafür autorisierten Kontrollstellen zertifizieren und überwachen lassen.
Weinerzeugung: Biologisch-dynamische Methode ist weitverbreitet
Eine besonders weitgehende Form der ökologischen Weinerzeugung ist die biologisch-dynamische Methode. Sie gründet sich auf die Vortragsreihe und Schriften des 1925 verstorbenen österreichischen Anthroposophen Rudolf Steiner. Diese Bewirtschaftungsweise fußt auf einem geisteswissenschaftlichen Gerüst, das den landwirtschaftlichen Betrieb als komplexes, lebendiges System von Boden, Menschen, Pflanzen und Tierwelt begreift und dabei die kosmischen und stellaren Kräfte und Wechselwirkungen mit einbezieht. Biodynamisch arbeitende Winzer versuchen durch den Einsatz von mit Präparaten wie Hornkiesel und Hornmist „dynaminisierten“ Wasserlösungen, sowie mit Kräuteraufgüssen wie beispielsweise Schachtelhalm- oder Brennnessel-Tee Reben und Weinberg auf natürliche Weise zu stärken und somit gegen Krankheiten und Schädlinge widerstandsfähiger zu machen. Ein Kernpunkt ist dabei der Erhalt und die Förderung eines natürlichen Gleichgewichts der Böden mit einer reichen Biodiversität. Bei den im Weinberg anstehenden Arbeiten wie Rebschnitt oder Lese werden darüber hinaus Mondphasen und Planetenkonstellationen berücksichtigt.
Schmecken Bioweine also besser?
Pauschalisieren darf man, wie fast immer wenn es um Wein geht, hier leider nicht. Denn ein schlechter Weinmacher wird auch aus den natürlichsten Trauben, die auf gesundem, lebendigem Boden gewachsen sind, keinen großen Wein hervorbringen. Nach wie vor ist zu allererst das Talent und die Sorgfalt des Winzers für die Qualität entscheidend. Unabhängig davon, ob die Trauben auf konventionelle oder in ökologischer Weise erzeugt wurden. Ein Großteil der weltbesten Weine stammt nach wie vor aus konventioneller Herstellung. Doch auch bei den Nicht-Biowinzern hat sich längst das Bewusstsein durchgesetzt, dass man große Weine dauerhaft nur mit dem Weinberg, und nicht gegen ihn erzeugen kann.
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