Die einen denken an ein glibberiges Unterfangen, die anderen an Genuss pur. Wenn es um Austern geht, dann scheiden sich die Geister. Eines steht fest: Teuer sind die „Königinnen unter den Muscheln“ hierzulande in den meisten Fällen. Warum das so ist und was Sie sonst bislang noch nicht über die Austern wussten, verraten wir Ihnen hier.

Sie sitzen um einen runden Tisch versammelt, in der Linken die handtellergroße Muschel, in der Rechten die Austerngabel. „Eindeutig eine gurkige Note“, sagt einer der Anwesenden, „und etwas Metallisches schmeckt man auch heraus“. Eine Austernprobe ist etwas für die Kenner unter den Muschelfreunden. Ähnlich einer Weinprobe versucht der versierte Austern-Fachmann die Nuancen im Geschmack unterschiedlicher Austern herauszuschmecken. Je nach Herkunft, Wachstumsbedingungen und Veredelung schmecken die Muscheln nämlich tatsächlich deutlich unterschiedlich.

Die Familie der Austern

Die Austernarten gehören zur Familie Ostreidae. Darunter ist die wichtigste Art die Pazifische (Felsen-) Auster sowie für uns in Europa die Europäische Auster. Letztere ist äußerst selten und wird entsprechend hochpreisig gehandelt. An deutschen Küsten ist die Europäische Auster schon seit längerem ausgestorben. Stattdessen versucht man sich hierzulande an der Zucht der Pazifischen Auster. Diese erhält man unter der Handelsbezeichnung Sylter Royal. Auf Französisch nennt man die Pazifischen Austern übrigens „les creuses“ – in Abgrenzung zu „les plates“. Die „flachen Austern“ bezeichnen die Europäische Auster.

Auster ist nicht gleich Auster –das sieht man schon an der großen Spannbreite der Preise: Zehn bis 60 Euro legt man für die frischen, lebenden Austern im Dutzend auf die Ladentheke. Der Grund für die Preisunterschiede liegt in der Qualitätsstufe. Dabei trifft man vor allem auf französische Begrifflichkeiten. Denn obwohl wir Austern aus allen Regionen der Welt beziehen können, ist Frankreich doch noch immer im Geiste untrennbar mit den „huîtres“ verknüpft. „Les fines de claires“ ist die niedrigste Veredelungsstufe. Diese Austern haben nach ihrer Aufzucht noch einen Monat in einem Klärbecken (claire) verbracht. Warum? Die Veredelung soll für einen reinen Geschmack der Meeresfrüchte sorgen.

Die „speciales de claire“ ist die nächsthöhere Qualitätsstufe, für die die Austern doppelt so lange in Klärbecken lagen. Noch eins drauf setzten die „spéciales pousse en claire“, die viele Monate im Klärbecken verbracht haben und dort pro Auster mehr Platz zur Verfügung hatten. Es liegt auf der Hand, dass die Austern, die besonders lange veredelt wurden, entsprechend teuer gehandelt werden. Hinzu kommt das Größenkriterium: Man unterscheidet zwischen sechs Größenkategorien. Von den kleinen, leichten Austern der n°5 (30 bis 45 g) bis hin zur Kategorie n°0 mit Austern über 150 g.

Köstliche frische Meeresfrüchte

Die Pazifische Felsenauster sowie die Europäische Auster zählen zu den wichtigsten Arten der Meeresfrucht

Der Knigge des Austerngenusses

Eine solch delikate Speise wie die Auster verlangt in den Augen Vieler nach einer entsprechenden Etikette bei Tisch. Zwar können Sie die Muscheln braten, frittieren oder grillen, aber die verbreitetste Verzehrvariante ist und bleibt die Auster roh zu essen. Die lebende Muschel versteckt sich in ihrer fest verschlossenen Schale – und hier eröffnet sich die erste Herausforderung für den entschlossenen Tischgast. Der starke Muskel der Muschel sorgt dafür, dass sich das Scharnier der Schale nur mit einem Spezialmesser öffnen lässt – das erfordert Geschick und etwas Übung.

Einmal geöffnet müssen Sie die Auster lediglich noch verspeisen – oder? Immer langsam, auch hier gilt es, einiges zu beachten.

  1. Schlürfen ist erlaubt – eine Ausnahme bei Tisch, wenn man den bei uns etablierten Tischsitten Folge leistet.
  2. Mit der Austerngabel das Fleisch heraustrennen – auch hier muss der Anfänger den Dreh erst einmal rauskriegen.
  3. Kauen – Manche meinen, Schlürfen sei gleichzusetzen mit dem unmittelbaren Herunterschlucken des Austernfleisches. Dem ist aber nicht so, wenn sich Ihnen der Geschmack der Meeresfrucht den Sinnen eröffnen soll. Die Einen bevorzugen die Auster pur Natur, also ohne jegliche Zusätze, die Anderen ergänzen sie mit etwas Zitronensaft oder Rotweinessig.

Vorsicht Vergiftungsgefahr!

Apropos Zitronensaft: Zwar gilt es als Klassiker, etwas Zitronensaft auf die rohe Auster zu träufeln, einen kulinarischen Hintergrund hat das jedoch nicht. Vielmehr prüfte man früher auf diese Weise, ob die Auster noch lebte und damit verzehrstauglich war. Denn – so die Theorie – eine lebende Auster zieht sich durch die Säure zusammen. Vollends sollten Sie sich auf diese Methode der Frischeprüfung jedoch nicht verlassen.

Nutzen Sie folgende Alternative, um zu erkennen, ob die Auster schlecht ist: Weit geöffnete Muscheln sollten Sie grundsätzlich weder roh verzehren noch kochen. Bei leicht geöffneten Austern können Sie die Frische überprüfen, indem Sie die Muschel unter einen Wasserstrahl halten und dabei auf die Schale klopfen. Schließt sich die Schale, dann lebt die Muschel noch und kann gegessen werden. Wenn nicht: Vorsicht walten lassen und auf den Verzehr besser verzichten.

Eine althergebrachte Regel sorgt immer wieder für Verwirrung: die R-Regel. Diese Faustregel besagt, dass man Muscheln nur in Monaten essen sollte, die auf den Buchstaben „r“ enden: also von September bis Februar. Der Grund dahinter: In den warmen Sommermonaten ist das Algenwachstum besonders ausgeprägt und damit einhergehend entstehen Algentoxine, die auf die Muscheln übergehen können. Auch Kochen der Muscheln richtet gegen diese Gifte dann nichts mehr aus. Aber keine Sorge: Bei uns im Handel erhältliche Muscheln unterliegen heutzutage strengsten Qualitätskontrollen und würden nicht verkauft, wenn sie Algentoxine aufwiesen. Nur wer z. B. im Urlaub direkt vom Erzeuger frische Muscheln kauft oder im Restaurant verspeist ist unter Umständen noch immer gut beraten, sich an die R-Regel zu halten.

Hinzu kommt, dass im Sommer aufgrund der Laichzeit die Geschmacksqualität nicht so gut wie in den Herbst-, Winter- und Frühjahrsmonaten ist – aus kulinarischen Gründen ist die Faustregel also gar nicht so verkehrt.

Austern richtig lagern

Da wir meistens lebendige, rohe Austern verspeisen, ist die richtige Lagerung von höchster Bedeutung – ansonsten verderben die Muscheln nur allzu leicht. Kühle Temperaturen sind hier das A und O, die Einhaltung der Kühlkette muss zu jeder Zeit gewährleistet sein. Im Fish & Seafood-Safe bleiben sie bei -2°C bis zu 6 Tage frisch. Legen Sie die Austern dazu mit der tiefen, gewölbten Schalenseite nach unten gelagert, damit sie weiter in ihrem Meerwasser liegen. Vermeiden Sie unbedingt die Lagerung in einer verschlossenen Tüte oder Dose – denn so ersticken die lebendigen Austern. Ebenfalls tödlich ist das Lagern in Süßwasser. Wer die Muscheln nicht unbedingt roh verspeisen möchte, kann die Lagerdauer problemlos verlängern, indem die Austern tiefgefroren werden oder bereits konserviert gekauft werden.

Die Welt der Austern ist eine Wissenschaft für sich – aber es lohnt sich, diese besondere Speise mal auszuprobieren und damit seinen kulinarischen Horizont zu erweitern.

*Sämtliche Angaben sind Richtwerte und hängen im Einzelfall von der Sorte bzw. der sachgerechten Lagerung ohne Unterbrechung der Kühlkette von der Ernte/Herstellung bis zum Liebherr-Gerät ab. Bei Lebensmitteln mit Angabe zur Mindesthaltbarkeit gilt immer das auf der Verpackung angegebene Datum.