Nicht selten ist Hirse der Retter in der Not: Wo Trockenheit herrscht und der Boden wenig fruchtbar ist, dort wächst das Süßgras entgegen allen Widrigkeiten. Dass es auch als „Brot des armen Mannes“ bezeichnet wird, heißt definitiv nicht, dass es sich nicht für leckere und interessante Gerichte eignet. Wir haben Infos und Tipps, damit Sie bestens über die kleinen goldenen Körner Bescheid wissen.
Die Welt der Hirsen ist zunächst einmal recht komplex. „Hirse“ bezeichnet nämlich als Oberbegriff fast ein Dutzend unterschiedliche Pflanzengattungen, die wiederum in viele Arten untergliedert sind. Man fasst diese in zwei Gruppen zusammen: Die Sorghum- und Millethirsen. Sorghumhirsen spielen – weltweit betrachtet – dabei eine ganz besondere Rolle: Nach Mais, Weizen, Reis und Gerste folgt Hirse bzw. Sorghum als mengenmäßig fünftwichtigstes Getreide. Aber auch andere Hirsearten sind von Bedeutung, wie z. B. die Rispenhirse.
Hirse – Hochs und Tiefs durchziehen die Geschichte
Rispenhirse wurde seit jeher auch hierzulande angebaut. So stellte sie im Mittelalter noch eine der wichtigsten Getreidesorten dar. Dann begann der Rückzug – denn Weizen und Roggen traten oftmals im Anbau an ihre Stelle und auch der zunehmende Import von Reis und die immer populärere Kartoffel verdrängten sie von ihrem angestammten Platz.
Festgehalten werden die Sternstunden der Hirse in Märchen und Geschichten. Sicher kennen Sie noch das Märchen der Gebrüder Grimm vom süßen Brei – ein Hirsebrei. Die Märchenbrüder erzählen von einem hungernden Mädchen, das einen Topf geschenkt bekommt, der immerfort süßen Brei liefert – ein Retter in der Not also. Und auch Geschichten vom Schlaraffenland listen Hirsebrei in ihrer Utopie auf.
Und heute? In Deutschland versucht man sich wieder zunehmend am Anbau von Hirsen, denn das Interesse an alten (Getreide-) Sorten nimmt heute wieder stetig zu. Denken Sie nur an Getreide wie Emmer, Einkorn, Kamut oder Dinkel – Urgetreidesorten, die im 21. Jahrhundert wieder schwer im Kommen sind. Neben der menschlichen Ernährung wird Hirse übrigens auch als Biomasselieferant diskutiert.
Süß oder herzhaft? Hauptsache Hirse!
Wer nicht sowieso schon des Öfteren daheim Hirse in der Küche nutzt, dem wollen wir nun etwas Inspiration dazu liefern, was sich mit den kleinen Körnern so alles anfangen lässt.
Zunächst einmal eine kleine Warenkunde: Hirse – so wie Getreide generell – gibt es in verschiedenen Verarbeitungsformen. Die Spelzen (Schale, die die Kerne ummantelt) werden entfernt, sodass die kleinen Körner weiter genutzt werden können. Oft findet man sie in dieser Form – als ganze Körner – im Handel. Die Körner können jedoch auch weiterverarbeitet werden: zu Schrot, Grieß, Grütze, Flocken oder Mehl. Schrot umschreibt dabei das grob zerkleinerte Getreidekorn, Grießkörner sind immer noch recht grob, während Grütze schon etwas feiner vermahlen ist. Flocken werden aus platt gewalzten Körnern hergestellt und Mehl ist die feinste Mahlstufe der oben genannten Produkte.
Je nach Produkt können Sie die Hirse unterschiedlich einsetzen. Hirsegrieß lässt sich beispielweise ideal für die Zubereitung von Couscous verwenden. In vielen Rezepten wird Weizen zur Zubereitung von Couscous genutzt. Hirse ist jedoch eine tolle glutenfreie Alternative – probieren Sie es doch einmal aus. Die ganzen Hirsekörner sind der perfekte Reisersatz und bringen Abwechslung in die Gerichte, die Sie sonst standardmäßig mit Reis zubereiten. Wie wäre es mit gebratenem Hähnchen auf Spinat- und Bohnengemüse, kombiniert mit gekochter Hirse als Beilage?
Doch wie bereitet man die Körner eigentlich zu? Ganz einfach: Eine Tasse Körner mit drei Tassen Wasser, Brühe oder Milch 10 – 15 Minuten garen und noch einige Zeit ausquellen lassen. Sie können die Hirse auch vor dem Kochen einweichen (einige Stunden und dann Einweichwasser abgießen) oder die Körner rösten. Dadurch verringern Sie den Phytinsäuregehalt.
Ein Ausflug in die Ernährungsphysiologie
Phytinsäure kommt in den Randschichten von Getreide, Hülsenfrüchten und Ölsamen vor und hat für uns Menschen einen bedeutsamen Nachteil: Die Phytinsäure bindet Eiweißstoffe sowie Eisen, Zink, Kalzium und Magnesium. Unser Körper kann diese wertvollen Stoffe folglich nicht vollumfänglich aufnehmen. Aber keine Sorge: Wer sich ausgewogen und vielseitig ernährt, für den besteht kein Grund zur Sorge, zu wenig Mikronährstoffe aufzunehmen.
Noch ein Tipp: Hirse enthält jede Menge Eisen – mit fast sieben Milligramm pro 100 g sogar mehr als doppelt so viel wie z. B. Weizen. Damit unser Körper das wertvolle Metall aber auch aufnehmen kann, können wir ihm helfen. Und zwar indem wir zum Hirsegericht Vitamin C-reiche Lebensmittel verzehren (z. B. Paprika, Kohl, Spinat oder Zitrusfrüchte). Denn Vitamin C erhöht die Aufnahme des Eisens im Darm.
Übrigens ist Hirse ein glutenfreies Getreide. Leider lässt sich daher mit Hirsemehl nicht so gut backen wie z. B. mit Weizenmehl, da dieses das Klebereiweiß enthält. Fladenbrote können Sie auch mit Hirsemehl herstellen, Gebäck geht jedoch nicht auf wie dies bei glutenhaltigem Mehl der Fall ist. Eine Kombination aus Hirse- mit Weizen- oder anderem glutenhaltigem Mehl schafft dabei Abhilfe.
Hirsebrei & Resteküche
Wer einen Topf Hirse kocht und viel zu viel für ein Gericht zubereitet hat, der kann sich auch am nächsten Tag noch freuen. Die bereits gegarte Hirse kann toll weiterverarbeitet werden – z. B. zu leckeren Hirsetalern. Dazu vermischen Sie zwei Tassen der übrig gebliebenen Hirse mit einem Ei, etwas geraspeltem Gemüse, etwas Mehl und Gewürzen nach Belieben. Die Masse mit den Händen wie Frikadellen formen und in der Pfanne anbraten – köstlich!
Nicht nur im Schlaraffenland liebt man Hirsebrei. Auch wir finden, dass Hirse eine tolle Basiszutat für ein wunderbares Frühstück ist. Die Flocken oder Körner einfach mit Milch kochen (vorher am besten rösten), so entsteht ein Brei, der die natürliche Süße hervorhebt. Kombinieren Sie dazu Obst nach Lust und Laune – z. B. im Sommer frische Erdbeeren, im Herbst Äpfel und Birnen und im Winter gefrorene oder eingemachte Früchte. Geben Sie das Obst einfach kurz mit in den Topf.
Die Möglichkeiten sind unendlich – die Hirse hat doch wirklich einen Platz im Vorratsschrank neben Nudeln, Reis und Kartoffeln verdient, finden wir.