Wein und Luft haben ein recht ambivalentes Verhältnis zueinander. Einerseits ist der Sauerstoff für Wein unerlässlich, beispielsweise bei der Vergärung oder der Reifeentwicklung, anderseits kann er zum größten Feind von Wein werden. Die dann stattfindende Oxidation ist ein weit verbreiteter Weinfehler. Wie Wein und Sauerstoff reagieren und welche Auswirkungen das hat, verrät Ihnen der heutige Wine Wednesday Beitrag.

Die richtige Balance macht‘s

Ohne angemessene Sauerstoffversorgung können die Hefezellen, die zur alkoholischen Vergärung des Traubenmostes zu Wein notwendig sind, nicht ausreichend wachsen. Und ohne einen gewissen Gehalt an gelöstem Sauerstoff wird der edle Tropfen während seiner Reifeentwicklung nicht die komplexen Aromen hervorbringen, für die feine Weine so sehr geschätzt werden. Ein guter Winzer ist daher stets bestrebt, das ambivalente Verhältnis von Wein und Sauerstoff in guter Balance zu halten – nicht zu viel und nicht zu wenig.

Und was passiert bei zu viel Sauerstoff?

Ein zu viel an Sauerstoff im Wein führt zu Oxidation. Diese äußert sich durch ein immer dumpfer werdendes Aroma. Statt an frische Früchte erinnert es eher an die angeschnittene und braun gewordene Oberfläche eines Apfels oder an karamelliertes Obst. Üblicherweise verändert sich dabei auch die Farbe: Weißweine werden dunkler, Rotweine tendieren in Richtung ziegelrot. Ist der Wein noch im Fass, so kann der Winzer relativ einfach auf den Sauerstoff-Überschuss reagieren: Eine kleine Dosis des Gases Schwefeldioxid (SO2) wird in den Wein eingeleitet – einige Milligramm reichen normalerweise aus – und die geschmackliche und farbliche Veränderung durch die Oxidation verschwindet wieder. Das SO2 hat nämlich eine „reduzierende“ Wirkung, d.h. es entzieht dem Wein überschüssigen Sauerstoff und stellt ihn somit quasi wieder „auf Null“ zurück.

Doch auch wenn der Wein fertig in Flaschen abgefüllt ist, nimmt der Sauerstoff weiter Einfluss auf ihn ein. Dies geschieht selbst dann, wenn der Wein unter Sauerstoffabschluss abgefüllt wurde und die Flaschen so voll gefüllt worden sind, dass zwischen Korken und Weinoberfläche kaum mehr Platz für Luft bleibt. Denn auch der im Wein bereits gelöste Sauerstoff wird über früher oder später zu einer Oxidation führen.

Rotwein

Ist der Wein noch im Fass, so kann die Oxidation verhindert werden.

Diese langsame Oxidation während der Flaschenreife ist durchaus erwünscht. Sie ist es, die den Wein ganz langsam verändert, feiner und reifer macht und neue Aromakomponenten entstehen lässt. Geht dieser Prozess jedoch zu schnell, so ist die Oxidation ganz klar als Weinfehler anzusehen. Wenn ein Wein eine seines Alters nicht angemessene Oxidation zeigt, so kann der Mangel einerseits bereits durch zu hohe Sauerstoffsättigung oder zu niedrigen Schutz durch Schwefeldioxid im Wein vor der Abfüllung liegen. Andererseits nehmen auch äußere Faktoren nach der Abfüllung wie beispielsweise undichte Verschlüsse bzw. Korken Einfluss darauf. Eine besondere Bedeutung kommt aber auch der Lagertemperatur zu. Hohe Temperaturen können den Fortgang einer Oxidation erheblich beschleunigen, deshalb kann eine Oxidation auch auf unsachgemäße Lagerung der Flaschen hinweisen.