Gerade ist die letzte Kirsche im Mund verschwunden, da macht sich auch noch Durst bemerkbar. Kaum nehmen Sie das Wasserglas in die Hand, drängt sich Großmutters erhobener Zeigefinger ins Gedächtnis: „Auf Kirschen kein Wasser trinken, das führt zu Bauchschmerzen!“. Aber ist da wirklich etwas dran?
Der Mythos vom Zusammenhang zwischen Kirschverzehr und Bauchschmerzen ist vermutlich entstanden, weil einige Menschen nach dem Genuss von Kirschen und dem anschließenden Trinken von Wasser Bauchschmerzen bemerkt haben. Allerdings gibt es keine eindeutigen Beweise dafür, dass diese Schmerzen tatsächlich auf die Kombination des Obsts mit Wasser zurückzuführen sind. In den meisten Fällen treten keinerlei Probleme auf. Es werden jedoch verschiedene mögliche Ursachen diskutiert, die zu den Schmerzen führen können.
Ursprung des Mythos
Eine Theorie besagt, dass die Entstehung des Mythos auf die frühere mangelnde Qualität des Trinkwassers zurückzuführen sein könnte. Früher war sauberes Trinkwasser nicht immer leicht zu bekommen. Dazu kommt, dass sich auf der Schale von Kirschen und vielen anderen Obstsorten Hefen und Bakterien sammeln. Diese Keime können in Kombination mit verunreinigtem Wasser zu Gärprozessen führen, die dann in Form von Bauchschmerzen spürbar sind. Heutzutage, mit der guten Trinkwasserqualität in unseren Breitengraden, müssen wir uns jedoch keine Sorgen mehr machen.
Allerdings gibt es Zweifel an dieser Theorie, da es logischerweise dann auch bei anderen Obstsorten, wie beispielsweise Äpfeln, in Verbindung mit verunreinigtem Trinkwasser zu ähnlichen Beschwerden kommen müsste. Was Kirschen jedoch von anderen Obstsorten unterscheidet, ist ihre lange Geschichte als Obstsorte hierzulande. Schon vor über 1000 Jahren haben die ersten Süßkirschen ihren Weg nach Deutschland gefunden, und somit hatten sie viele Gelegenheiten, mit verunreinigtem Wasser in Kontakt zu kommen. Zudem haben Kirschen aufgrund ihres hohen Fruchtzuckergehalts eine höhere Tendenz zur Gärung als andere Obstsorten, was ebenfalls zu Bauchschmerzen führen kann.
Süß verträgt nicht jeder
Ein weiterer Grund für den Mythos könnte der hohe Fruchtzuckergehalt der Kirschen sein. Denn die Fructose-Malabsorption kann dazu führen, dass der Fruchtzucker nicht richtig aufgenommen wird und im Dickdarm von Mikroorganismen zersetzt wird. Diese Zersetzung kann zu Bauchschmerzen führen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die seltene Fructose-Intoleranz, sondern um eine schlechte Aufnahme des Fruchtzuckers. Um Bauchschmerzen zu vermeiden, empfiehlt es sich, nicht mehr als ein halbes Kilogramm Kirschen zu essen.
Und nun?
Um auf die Anfangssituation zurückzukommen: Sie können bedenkenlos Ihren Durst stillen. Fallberichte und wissenschaftliche Belege gibt es keine. Halten Sie mit der Flüssigkeitszufuhr nach dem Kirschverzehr sicherheitshalber Maß und waschen Sie Ihr Obst vor dem Verzehr. Wenn Sie zudem keine zu großen Kirschmengen auf einmal verzehren, bleiben Ihnen Bauchschmerzen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erspart.