In Folge 5 unserer Weinserie haben wir Sie über den Weinfehler Mercaptan aufgeklärt und wie sich dieser beheben lässt. In der heutigen Folge erfahren Sie alles rund um den Essigstich und wie dieser entsteht. Denn es ist eine Binsenweisheit, dass aus jedem Wein irgendwann einmal Essig wird. Tatsächlich ist es aber nicht der Wein selbst, sondern der darin enthaltene Alkohol, der zu Essig werden kann.

Wie kommt der Essig in den Wein?

Schuld daran sind Essigsäurebakterien, die für ihren Stoffwechsel Energie aus der Umwandlung des Alkohols Ethanol in Essigsäure gewinnen. Diese Mikroorganismen sind quasi überall in der Umwelt präsent. Für ihr säuerliches Tun brauchen sie aber ausreichend Sauerstoff und Wärme. Zeigt ein Wein einen Essigstich im Duft, dann kann die Ursache bereits in den Trauben im Weinberg liegen. Aufgeplatzte oder gar faulige Weinbeeren sind wahrer Nährboden für Essigsäurebakterien. Anhaltende Regenfälle vor der Ernte können dünnschalige Traubensorten ebenso aufplatzen lassen wie Verletzungen durch Wespenfraß oder durch die zuletzt immer wieder auftauchenden Kirschessigfliegen. Aber auch Hagelschlag oder manuelle Beschädigungen während der Lese können zu Verletzung der Traubenhaut führen und fördern das Eindringen von Essigsäurebakterien. Doch ebenso Verzögerungen und unsauberes Arbeiten beim Keltern der Trauben erhöhen die Gefahr eines Essigstichs. Erst wenn die Gärung des Mostes oder der Maische einsetzt, ist man durch den dabei entstehenden Sauerstoffmangel wieder auf der sicheren Seite. Nicht zuletzt fühlen sich Essigsäurebakterien in nicht ganz aufgefüllten oder schlecht gepflegten Fässern pudelwohl.

 

Mann bei Weinverkostung

Ein stechender Geruch, der an Klebstoff erinnert, deutet meist auf einen Essigstich hin.

Woran erkenne ich einen Essigstich?

Kurioserweise erkennt man eine Beeinträchtigung des Wein durch Essigsäure, in Winzerkreisen auch „flüchtige Säure“ genannt, meist gar nicht so sehr am typischen Essiggeruch, sondern sehr viel öfters an einer an Klebstofflösungsmittel erinnernden Note („Uhu-Ton“). Die Essigsäure neigt nämlich wiederum dazu, im Wein mit dem Alkohol zu verestern und sich somit dann als Essigsäureethylester (Ethylacetat) bemerkbar zu machen. Ab einem Gehalt von rund 200mg/l tritt dieser Uhu-Ton so deutlich im Weinaroma hervor, dass man von einem Weinfehler ausgehen kann. Lediglich bei bestimmten edelsüßen Weinen, die ja oft auch aus edelfaulen Trauben erzeugt werden, ist eine gewisse Prägung im Bukett durch Ethylacetat tolerierbar, und nicht selten trägt dies dort dann auch zur Komplexität des Gesamtaroma bei. Der Uhu-Ton ist übrigens im Gegensatz zur flüchtigen Essigsäure keinesfalls flüchtig, sondern verbleibt dauerhaft im Wein und kann auch durch Maßnahmen wie aktivkohlefiltern nicht mehr entfernt werden. Für den Wein mit Essigstich bleibt also nur noch eine Verwendung – die Essigherstellung.